
Von der Krisenabgabe zur Wohneigentums-Strafe
Als Grund für die Besteuerung des Eigenmietwerts wird heute meistens die «Gleichbehandlung» von Mietern und Hauseigentümern angeführt. Mieter könnten ihre Miete schliesslich nicht von der Steuer abziehen, deshalb müsste diese den selbstnutzenden Eigentümern eben «fiktiv» aufgerechnet werden. Das tönt nicht schlecht, entspricht aber nicht der Wahrheit. Der Ursprung der Besteuerung des Eigenmietwerts liegt ganz woanders: 1915 stimmten Volk und Stände einer einmaligen eidgenössischen Kriegssteuer mitsamt einer «fiktiven Eigenmiete» zu. Diese Steuer sollte die finanziellen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf den Bundeshaushalt abmildern.
Ab 1929 entstand aufgrund der Weltwirtschaftskrise erneut ein erheblicher Finanzbedarf. Daher wurde ab 1934 eine neue eidgenössische Krisenabgabe fällig, wieder inklusive Eigenmietwert. Nachdem diese Krisenabgabe zunächst auf vier Jahre beschränkt war, wurde sie immer und immer wieder verlängert und letztlich ins ordentliche Recht überführt. Diese Krisenabgabe ist ein Paradebeispiel dafür, wie schnell neue Steuern eingeführt werden können – und wie einfach, still und leise danach aus einer befristeten Abgabe zur Bewältigung finanzieller Engpässe in Krisenzeiten eine mittlerweile 90-jährige Steuerbelastung für Hauseigentümer wurde. Die heute gerne als Grund geltend gemachte Steuergerechtigkeit hatte mit der Einführung der Besteuerung des Eigenmietwerts folglich gar nichts zu tun und war nie der wahre Grund für diese Art der Besteuerung von selbstgenutztem Wohneigentum.
Ungerechte Differenzierung der Vermögenswerte
Hinzu kommt, dass die Besteuerung einer solchen Eigennutzung ausschliesslich bei selbstgenutztem Wohneigentum erfolgt, nicht aber bei anderen Vermögenswerten. Diese unterliegen lediglich der Vermögenssteuer, nicht jedoch zusätzlich der Besteuerung der Eigennutzung. Andere Vermögenswerte wie zum Beispiel Fahrzeuge oder Boote können vom Eigentümer genutzt werden, ohne dass darauf eine Nutzungssteuer fällig wird. Besonders augenfällig ist diese Diskrepanz bei Hausbooten und Wohnwagen: Obwohl diese ebenso dem Wohnen dienen können, fällt für sie kein fiktiver Eigenmietwert an.:
Quellenangabe: HEV Mai 2025