
Immobilienmarkt und Eigenmietwert - Der Eigenmietwert in Kürze
1915 stimmten Volk und Stände einer einmaligen eidgenössischen Kriegssteuer mitsamt einer fiktiven Eigenmiete zu. Diese Steuer sollte die finanziellen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf den Bundeshaushalt abmildern.»
Im Herbst 2025 steht in der Schweiz eine wegweisende steuerpolitische Entscheidung an: Das Stimmvolk wird darüber befinden, ob der sogenannte Eigenmietwert abgeschafft werden soll. Diese Abstimmung ist das Resultat langjähriger politischer Diskussionen und Reformbemühungen. Im Dezember 2024 haben National- und Ständerat einem grundlegenden Systemwechsel zugestimmt: Die Besteuerung des Eigenmietwerts soll für alle selbstgenutzten Wohnimmobilien entfallen. Parallel soll den Kantonen die Kompetenz zugesprochen werden, für überwiegend selbstgenutzte Zweitliegenschaften eine sogenannte kantonale Objektsteuer einführen zu können. Die Abschaffung des Eigenmietwerts und die Möglichkeit zur Einführung einer kantonalen Objektsteuer für Zweitliegenschaften sind aneinandergekoppelt. Weil zur Ermöglichung dieser Objektsteuer die Bundesverfassung geändert werden muss, liegt der Entscheid nun bei Volk und Ständen. Sagen die Mehrheiten von Stimmvolk und Kantonen Ja zur Ermöglichung der genannten Objektsteuer, bedeutet dieses Ja gleichzeitig auch das Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts. In diesem Artikel werfen wir einen Blick zurück auf die Ursprünge des Eigenmietwerts, verfolgen seine Entwicklung und stellen die Frage nach seiner heutigen Berechtigung.
Der Eigenmietwert in Kürze
Immobilieneigentümer, die ihre Liegenschaft selbst bewohnen, müssen den sogenannten Eigenmietwert als «fiktives Einkommen» versteuern. Ihr Eigenmietwert leitet sich ab aus dem Betrag, den sie bei Vermietung der Liegenschaft an Dritte erzielen könnten. Offizielle Begründung: Mit der Selbstnutzung des Eigentums fallen die Ausgaben weg, die ansonsten als Mietzinse berappt werden müssten – und der wesentliche Teil dieser ersparten Ausgaben wird in der Form eines «fiktiven Einkommens» als steuerpflichtig erfasst. Erklärt man diese Praxis im Ausland, erntet man zumeist irritierte Blicke. Wer seine eigenen vier Wände bewohnt, muss dafür einen fiktiven Mietzinsertrag versteuern? Das tönt nicht nur unlogisch, sondern ist schlicht absurd – und findet sich in dieser Form auch in keinem anderen Land.
Quellenangabe: HEV Mai 2025